Nikolaus (Claus) Schmauch

geb. 28. April 1898 in Biel, heute Wadern-Bardenbach, gest. 07. August 1979 in Mainz

Erzähler bäuerlicher Lebenswelten im Hochwald

Seine Werke sind in Vergessenheit geraten. Doch zusammen mit Maria Croon hat man Nikolaus (Claus) Schmauch zu den bedeutenden Erzählern bäuerlicher und vor- bzw. frühindustrieller Lebenswelten im Hochwald zu zählen.
„Die Hundsgasser“, sein wichtigster Roman, 1933 immerhin von Herder in Freiburg verlegt, schildert Leben und Konflikte von Bauern, Tagelöhnern, ArbeiterInnen und fahrenden Leuten vom ersten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Deren fiktives Dorf Bachweiler liegt unverkennbar in der dunklen, verschlossenen Welt des Schwarzwälder Hochwaldes. Die Keramikfabrik, die den jungen Leuten des Dorfes im Roman verheißt, Not, Rückständigkeit und Ausgrenzung hinter sich lassen zu können, könnte Villeroy & Boch in Mettlach sein. Andere Ortsnamen, z.B. Birkenfeld, erscheinen unverschlüsselt. ZITAT

Nikolaus Schmauch kam als Sohn des katholischen Bergmanns Matthias Schmauch und seiner Frau Rosa geb. Jakobs zur Welt. In Biel, heute Wadern-Bardenbach, ging er acht Jahre zur Volksschule. Dann verließ er sein Dorf, um zu studieren. Ostern 1916 begann er am Lehrerseminar in Merzig, damals noch “Präparandie”, wie später der zwei Jahre jüngere Matthias Enzweiler eine Ausbildung zum Volksschullehrer, die damals noch ohne Abitur möglich war. Wie Enzweiler und der gleichaltrige Gustav Regler zog Nikolaus Schmauch praktisch von der Schulbank weg als Soldat in den Ersten Weltkrieg. Im November 1916 wurde er zu den Pionieren eingezogen. Zuletzt war er Funker bei einem Nachrichtenbataillon. Ende September 1918 geriet er in Kriegsgefangenschaft, aus der er im Oktober 1919 zurückkehrte. 1920 beendete er sein Studium am Lehrerseminar in Merzig mit der Ersten Staatsprüfung. Danach diente er wie Matthias Enzweiler in fünf Schulverwaltungen: im Saargebiet unter dem Völkerbundregime (1920-1935), im Saarland unter der Nazi-Diktatur (1935-1945) , im Regierungspräsidium Saar (1945-1947), im autonomen Saarstaat unter JoHo (1947-1956) und im rückgegliederten Saarland als Land der Bundesrepublik Deutschland.

Neigung zu „freieren Ansichten“

In Neuforweiler im Kreis Saarlouis, heute Stadtteil von Saarlouis, trat Nikolaus Schmauch 1921 seine erste Lehrerstelle an. 1922 wechselte er nach Hülzweiler im Kreis Saarlouis, heute Ortsteil von Schwalbach. Hülzweiler wurde die für seine berufliche Entwicklung wichtigste Lebensstation. Hier legte er seine Zweite Staatsprüfung ab, hier erhielt er seine erste Festanstellung als Lehrer, so dass sich seine materiellen Verhältnisse stabilisierten und er eine Familie gründen konnte. Die ersten zwei der drei Kinder aus seiner Ehe mit der Sulzbacherin Margarethe geb. Malter wurden hier geboren: Sohn Klaus (1924) und Tochter Rita (1929). Und in Hülzweiler wurde er zum Schriftsteller. Hier schrieb er seinen ersten Roman, „Im Hexenwahn“, den die „Saar-Zeitung“ 1924 zunächst in Fortsetzungen in ihrem Feuilleton abdruckte. Der Saarlouiser Hausen-Verlag publizierte danach auch viele seiner volks- und heimatkundlichen Texte, durch die Schmauch sich einen Namen machte.

Seine autobiographische Erzählung „Wie Vater und ich in den Krieg zogen“, 1926 ebenfalls im Hausen Verlag gedruckt, ging offensichtlich hervor aus einer schriftlichen Unterrichtsvorbereitung 1925 im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung: „Die Heimat und wir. Gedanken und Anregungen für den Heimatk. Unterricht“. Der Autor verarbeitete darin seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Da hätten ihm die Päckchen und Briefe von zu Hause geholfen, das Grauen der Schlachten, den Hunger und vor allem den Sinnverlust zu überstehen. Für Schmauch der Impuls, die Geschichte und Geschichten seiner Region, ihre Bräuche und Traditionen zu erforschen, um sie im Unterricht an die Nachgeborenen weiterzugeben.

„Er neigt zu freieren Ansichten“, attestierte ihm 1925 der Saarlouiser Kreisschulrat Limbach. “Freiere Ansichten” wurden damals gemessen an den Maßstäben der Katholischen Kirche, mit der sich der Lehrer Schmauch wohl nicht besonders verstand. Der örtliche Klerus hatte versucht, Schmauchs Einstellung in Hülzweiler zu verhindern; entsprechend gespannt war das Verhältnis des Lehrers zu ihm. Zudem arbeitete Schmauch aktiv in den Theatervereinen mit, war Mitbegründer der Freilichtbühne Hülzweiler, an der er auch Regie führte. Im Theaterspiel vor allem der heranwachsenden Schülerinnen sah die katholische Geistlichkeit eine Gefahr für Anstand und Sitte. Als der Schulvorstand im Bunde mit dem Kaplan Schülerinnen mit Polizeigewalt von der Theaterbühne holen ließ, kam es zum Eklat, den die kommunistische „Arbeiter-Zeitung“ zu antiklerikaler Polemik nutzte.

Zum 1. April 1929 wurde Claus Schmauch an die Volksschule von Piesbach, heute Ortsteil von Nalbach im Kreis Saarlouis, versetzt. Als er sich, wie seine Personalakte im Kultusministerium festhielt, dort wegen rückständiger Zahlungen für die Heizung der Lehrerwohnung mit dem Rentmeister der Gemeindekasse Nalbach anlegte, bahnte sich ein weiteres Zerwürfnis mit seinen Vorgesetzten an. Inzwischen war Claus Schmauch ein Autor mit guten Kontakten zur Presse; damit versuchte er die Gemeinde zu beeindrucken:
„Bei der nächsten grundlosen Mahnung Ihres Vollziehungsbeamten“, schrieb er dem Bürgermeister am 29. Januar 1932, „schmiere ich die Zustände durch jede Zeitung, die mir zur Verfügung steht und ich glaube, es sind nicht wenige.“ Dieser Konflikt und diverse Frauengeschichten trugen ihm eine dienstliche Verwarnung ein und im August 1932 die erneute Versetzung; diesmal nach Urexweiler im Kreis St. Wendel, heute Ortsteil von Marpingen.

Nur ein Mitläufer?

Am 1. Juni 1933 trat er in die NSDAP ein und betätigte sich nach eigenen Angaben vom August 1933 bis Juli 1934 als deren “Propagandaleiter” in Urexweiler.

Während des Wechsels nach Urexweiler erschien Schmauchs Roman „Die Hundsgasser“. Auf dessen allerletzter Seite ließ der Autor seinen „Lehrer Spangenberg“, offensichtlich ein alter Ego, den Machtantritt Hitlers als Morgendämmerung der lang ersehnten angeblich klassenlosen, über den Kommunismus obsiegenden “Volksgemeinschaft” feiern: „Immer wieder griffen rote Hände nach der jungen, hochstrebenden Generation der Hundsgasse und wollte(n) sie zurechtbiegen für ihre volkszersetzenden Pläne. Immer wieder kam der böse Feind und suchte zu trennen und zu zerstören. Aber Spangenberg stand auf der Wacht. Er drang auf ihn ein und wehrte den Drachen ab mit grimmen Hieben. Als dann endlich das neue Reich erstand und der rote Wurm der Zwietracht und des Klassenhasses sich wehrlos unter dem eisernen Fuß seines Bezwingers krümmte und sein letztes Gift verspritzte, legte er das schartige Schwert in junge, feste Hände.“

Zum 1. April 1935 holte die nunmehr von den Nazis beherrschte Kultusbehörde des „Reichskommissars für das Saarland“ Claus Schmauch in den Schuldienst nach Saarbrücken. Dort unterrichtete er an den Volksschulen in Rußhütte und Malstatt. Die Saarland-Biografien sehen Schmauch ab 1936 als Dozenten an einer Hochschule für Lehrerfortbildung in Saarbrücken; aus seiner Personalakte in der Kultusbehörde geht dies jedoch nicht hervor. Unzweifelhaft wirkte der Autor in der NS-Ära jedoch an der Gestaltung von Schulbüchern mit.
Wie Matthias Enzweiler in Saarhölzbach im Kreis Merzig-Wadern und insbesondere der damals in Saarlouis-Roden ansässige Lehrer und Volkskundler Nikolaus Fox erwies sich auch Schmauch durch seine Verwurzelung in “Heimat” und “Volkstum” als vereinnahmbar durch die sich “national” und “sozialistisch” gerierende völkische Ideologie des NS-Regimes. Besondere Bedeutung wird Schmauch jedoch heute nicht beigemessen. Wolfgang Freund lässt ihn in seiner Untersuchung über Deutschtumswissenschaften und Politik 1925-1945 unerwähnt.

Im Oktober 1944 musste Claus Schmauch ein zweites Mal in den Krieg, wurde zu den Landschützen in Gießen eingezogen. Als der Krieg zu Ende und das NS-Regime zusammengebrochen war, wurde er aus dem Schuldienst entlassen. Als Grund gab er an: „Entnazifizierung“.
Drei Jahre lang hielt er sich und seine Familie als Hilfsarbeiter über Wasser. Sein erstgeborenes Kind lebte nicht mehr. Es „fiel im II. Weltkrieg“, trug er im Personalbogen der Schulbehörde 1948 ein. Die Entnazifizierungsbehörde stufte Claus Schmauch am 25. August und 12. Dezember 1947 als „Untragbar für das Schulwesen“ ein. Dessen ungeachtet beantragte er Ende Februar 1948 die „Wiederverwendung im Schuldienst“. Als beglaubigte Abschrift seines, wie er erklärte, in der Aufregung eines Krankenhausaufenthaltes „verlegten“ Epurationsbescheides reichte er eine Urkunde ein, die keine lebenslange Sperre als Lehrer mehr vorsah, sondern nur noch eine Kürzung der Bezüge „um drei Stufen“. Zum 1. April 1948 wurde Claus Schmauch in den saarländischen Schuldienst wieder eingestellt. Am 14. Juni 1950 hob die I. Kammer des Obersten Säuberungsrates in ihrem „Sühnebescheid“ die zuvor verhängte Sanktion wieder auf und stellte fest: „Der Betroffene ist Mitläufer. Es werden keine Sühnemaßnahmen gegen ihn ergriffen“.

Nach 1945 scheint Claus Schmauch nichts mehr veröffentlicht zu haben. Ob aus innerer Distanzierung oder infolge seiner angeschlagenen Gesundheit, ist nicht geklärt. Jedoch führte ihn der Verband saarländischer Autoren 1957 noch als Mitglied, was einem Qualitätszeugnis gleichkam; nach Torsten Mergen entschieden die Verbandsangehörigen in geheimer Abstimmung darüber, dass „nur Autoren von ausreichendem Können aufgenommen“ würden. Die einzigen Frauen in diesem erlauchten Kreis waren damals Maria Croon, Elisabeth Kirsch und Natalie Zimmermann.

1958 war Claus Schmauch Stellvertretender Direktor der Wackenbergschule in St. Arnual; ab September 1958 durfte er sich “Konrektor” nennen. Ab 1. Juni 1962 wurde er in den Ruhestand versetzt. Damals wohnte er in der St. Wendeler Straße 17 in Saarbrücken. Wann und warum er nach Mainz zog, ist nicht bekannt. In Mainz-Mombach starb er am 7. August 1979 im Alter von 81 Jahren. (IP)