Karl August Woll

geb. 10. Februar 1834 in St. Ingbert, gest. 17. April 1893 in Straßburg

schwarz weiß Portrait

Foto: Archiv des Saarpfalz-Krieses

Karl August Woll gehört zu den Pionieren der pfälzischen Mundartdichtung.

Geboren in der St. Ingberter Kaiserstraße 130 als ältester Sohn des Bäckers Johann Woll und seiner Frau Barbara Hauck, war seine Kindheit von großer Armut geprägt. Gleichwohl lag seinen Eltern daran, ihm eine akademische Ausbildung zu ermöglichen. So gelangte er nach dem Besuch der örtlichen Volksschule ins bischöfliche Konvikt nach Speyer und legte dort 1853 sein Examen ab. Wegen der sich zuspitzenden finanziellen Notlage – sein Vater war inzwischen gestorben – verbrachte er zunächst noch eine Weile am Speyerer Lyzeum. Erst im Jahr darauf begann er, in München Rechtswissenschaft zu studieren. Auf Drängen seiner Mutter, die unbedingt einen Pfarrer aus ihm machen wollte, brach er sein Jurastudium nach zwölf Semestern ab. Von 1860 an studierte er am Münchener Georgianum katholische Theologie.

Allerdings galten Wolls Neigungen eher den Naturwissenschaften und der Medizin. Obwohl er eine sehr religiöse Erziehung genossen hatte und seine Mutter nicht enttäuschen wollte, konnte er sich nicht dazu durchringen, Geistlicher zu werden. Es hat sich aus dieser Münchener Studienzeit ein Tagebuch Wolls überliefert, das seine inneren Kämpfe eindringlich dokumentiert. Die definitive Entscheidung fiel im Herbst 1861, als er in das Speyerer Seminar zur Vorbereitung auf die Priesterweihe eintreten sollte. Bischof Nikolaus von Weis, aus Altheim im Bliegau stämmig, teilte er diese Entscheidung persönlich mit. Nach insgesamt 16 Semestern beendete er ohne jedweden Abschluss seine Studien und verdiente seinen Lebensunterhalt fortan als Hauslehrer bei wohlsituierten Winzerfamilien in Deidesheim. Später bezeichnete er diese Jahre von 1861 bis 1864 als „die schönste Zeit meines Lebens“.

Während dieser unbeschwerten Phase brachen sich dann auch seine literarischen Ambitionen Bahn. Karl August Woll hatte zwar schon früher Gedichte verfasst, allerdings ausnahmslos in Hochsprache und ernstem Duktus. Nunmehr entdeckte er für sich die Mundart als Medium heiterer Sujets. In der in Speyer erscheinenden „Pfälzer Zeitung“ fand er die Plattform für seine ersten Veröffentlichungen. Im Herbst 1863 wurde er gar in die Redaktion aufgenommen; die Betreuung der heimatkundlichen Beilage „Palatina“ war seine Aufgabe.

1868 veröffentlichte Woll im Eigenverlag einen ersten Band mit dem Titel „Gedichte“, der Texte in Mundart, aber auch in Hochdeutsch enthielt. Diese Sammlung, die mit der zweiten Auflage den Titel „Pfälzische Gedichte“ bekam, erschien 1873 bei einem Verlag in Heidelberg und verzeichnete bis heute acht Auflagen. Sie gilt als eine der erfolgreichsten pfälzischen Gedichtsammlungen überhaupt. 1914 waren davon bereits mehr 10 000 Exemplare abgesetzt.

1869 verließ Woll die Zeitungsredaktion und erteilte am Gymnasium in Speyer Französisch-Unterricht; die Sprache des Nachbarlandes beherrschte er wie seine Muttersprache. Den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 erlebte er als Sanitäter, was ihn bis in die Vororte von Paris führte. Dabei zog er sich selbst einige Leiden zu, die später möglicherweise zu seinem frühen Tod führten. Nach Kriegsende wurde ihm in Straßburg, das nunmehr zum neuen „Reichsland Elsaß-Lothringen“ gehörte und direkt Berlin unterstellt war, die Stelle eines „Kaiserlichen Waisenhausinspektors für das untere Elsaß“ übertragen. Diesen Dienst, der ihm ein stabiles finanzielles Fundament für seine Dichtkunst bot, versah er bis 1891. Dann ließ er sich aufgrund gesundheitlicher Probleme in den Ruhestand versetzen. Es blieben ihm lediglich noch zwei Jahre Zeit für seine literarischen Ambitionen. Karl August Woll starb am 17. April 1893 in Straßburg im Alter von 59 Jahren; auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin wurde er in seiner Heimatstadt beigesetzt.

Wolls Lyrik war zu seiner Zeit wie auch postum sehr beliebt und wurde begeistert rezitiert. Seine „Pfälzischen Gedichte“ sind in vier Teile gegliedert: Mundart, Hochdeutsch, Verse in geselliger Runde und Rätselgedichte. Die Bandbreite umfasst heitere und melancholische Texte, volkstümliche und gedankenschwere Lyrik, die von den Erfahrungen seines bisweilen nicht einfachen Lebens bestimmt werden. Neben Gelegenheitsversen und humoresken Liedern stehen lange Erzählgedichte und auch patriotische Hymnenversuche. Woll beherrschte fast alle Dialekte der Pfalz und schrieb in ihren verschiedenen Idiomen. St. Ingbert und seiner Muttersprache widmete er ein zehn Seiten langes Poem. Für mundart-unkundige Leser waren dem Buch Worterklärungen beigefügt.

Wolls Hang zum geselligen Beisammensein wird durch Gedichte dokumentiert, die er eigens für derlei Gelegenheiten reimte und auch selbst vortrug. So trat er zum Beispiel in Ludwigshafen zu Fastnacht auf, lieferte einen gereimten Beitrag zum Stiftungsfest der Liedertafel in Speyer, brachte bei einem Abschiedsabend der Göllheimer Schützengesellschaft einen launigen Toast auf deren Mitbegründer aus.

Anzumerken ist schließlich, dass sich Woll während seines Straßburger Aufenthaltes intensiv mit der Geschichte seiner Heimat auseinandersetzte. Die Historie von St. Ingbert und des Bliesgaus wollte er in einem Buch zusammenfassen. Korrespondenz führte er dazu mit Fürst Edwein II. von der Leyen, der ihm das Familienarchiv von Schloss Waal in Schwaben öffnete. Das Projekt wurde nicht realisiert. (MB) ZITAT