Sarreguemines

Sarreguemines (dt. Saargemünd, ca. 25.000 Einwohner) ist eine lothringische Stadt, die im Norden an das Saarland und im Süden an das Elsass grenzt. Doch ihr Name spiegelt nicht das Trennende, sondern das Verbindende wieder: Hier mündet die deutsche Blies in die (bis dahin) französische Saar. In seinem Lied Vunn Saarburg bis uff Saageminn hat der lothringische Musiker und Autor Auguste Rohr (1906-89) augenzwinkernd beschrieben, wie sich beide Flüsse wie alte Freunde beieinander einhaken und gemeinsam Richtung Saarbrücken weiterziehen: ZITAT

Keramik-Museum

Sarreguemines kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, erste Siedlungsspuren reichen bis in die Bronzezeit zurück. Im Jahr 708 wird der Ort in einer fränkischen Urkunde erstmals unter dem Namen „Gamundia“ erwähnt. Seit dem 10. Jahrhundert war er im Besitz der lothringischen Herzöge. Im 13. Jahrhundert ließen diese hier eine Burg errichten und erhoben die Siedlung in den Rang einer Stadt. Doch der 30jährige Krieg bereitete dieser ersten Blüte ein jähes Ende, von der Burg blieb nur eine bescheidene Ruine.

Im 18. Jahrhundert gelang der Stadt ein Neuanfang. 1786 wurde eine Keramik-Manufaktur (Faïencerie) gegründet, die bald Weltruhm erlangen sollte. Zwar wurden die weitläufigen, am linken Saarufer gelegenen Fabrikanlagen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgerissen und durch planlos hingeworfene Nachkriegsbauten ersetzt, doch ein originalgetreu restaurierter Brennofen und zwei sehenswerte Museen erinnern an diese zweite, große Blütezeit. In der „Reichslandzeit“ (1871-1918) wurde Saargemünd (wie die Stadt nun hieß) zur Kreis- und Garnisonsstadt ausgebaut. 1896-1905 entstand daher auf dem rechten Saarufer ein neues Stadtviertel mit weitläufigem Kasernenkomplex, das heutige „Quartier de la Blies“.

Otto Flake – Heimat am Galgenbann

In jener Zeit ließen sich hier auch viele Deutsche nieder, darunter die Familie Flake. Heinrich August Otto Flake war der Sohn eines Polizeiinspektors aus Hannover, seine Frau Karoline geb. Herzer die Tochter eines Bauern aus Kottweiler in der Pfalz. Die beiden hatten sich in Metz kennengelernt und dort geheiratet. Bald nach der Geburt ihres Sohnes Otto wurde der Vater ins heutige Sarreguemines versetzt, wo er eine schlecht bezahlte Stelle als Kanzleischreiber übernahm.

Die Familie lebte in einer bescheidenen Drei-Zimmer-Wohnung am Stadtrand: im ersten Stock eines Gehöfts namens „Galgenbann“ (der einstigen Richtstatt). Hier verbrachte der spätere Schriftsteller Otto Flake (1880-1963) die ersten fünf Jahre seines Lebens. Erinnerungen an diese Zeit flossen in seinen autobiographisch geprägten Roman Freitagskind (1913) ein. Die elterliche Wohnung beschreibt er aus der Perspektive der Vermieterin, deren Mann 1870 gegen die Preußen gefallen war. Im Roman trägt sie den Namen Massard: ZITAT

Wenn man Flakes Schilderungen Glauben schenken darf, so war der Galgenbann für seine auf dem Land aufgewachsene Mutter „etwas wie eine Heimat“, während sich der Vater in dem kleinstädtischen Milieu mit seinen Gesangs- und Kriegervereinen nie recht wohl fühlte. Auch der kleine Otto scheint die lothringische Grenzstadt als beengend empfunden haben, zumindest beschreibt er deren Atmosphäre so in Freitagskind: ZITAT

Um der Provinz zu entfliehen, holte Flakes Vater im elsässischen Ensisheim die Berechtigung für den Mittleren Verwaltungsdienst nach und übersiedelte anschließend mit seiner Familie nach Colmar, wo er eine Stelle in der Gefängnisverwaltung annahm. Doch seine Sehnsucht nach sozialem Aufstieg war damit noch nicht gestillt. So versuchte er sich schließlich im Glücksspiel, mit wenig Erfolg. Nachdem er sich finanziell ruiniert hatte, erschoss er sich Anfang 1890.

Alfred Döblin – ein Berliner in der lothringischen Provinz

Flake ist nicht der einzige deutsche Schriftsteller, dessen Leben mit Sarreguemines verbunden ist. Während des Ersten Weltkriegs war Alfred Döblin (1878-1957) hier als Zivilarzt tätig. Ende 1914 hatte er sich freiwillig an die Westfront gemeldet, teils aus Berechnung (um seiner Einberufung zuvorzukommen), teils wohl auch aus Überzeugung. Noch im Dezember 1914 erschien in der Frankfurter Rundschau sein Essay Reims, ein übles Kriegs-Pamphlet, in dem er die Bombardierung und Zerstörung der unter dem Schutz des Roten Kreuzes stehenden französischen Metropole und ihrer berühmten Kathedrale rechtfertigte. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des gleichen Jahres erhielt Döblin den Gestellungsbefehl.

Bahnhosgebäude

So kehrte Döblin der Großstadt Berlin für vier Jahre den Rücken und reiste in das damals 15.000 Seelen zählende lothringische „Nest“ (wie er es nannte). Sein erster Eindruck wird der Bahnhofsplatz gewesen sein, der heute noch genauso verschlafen daliegt wie damals. Das Bahnhofsgebäude wurde vor 1870 unter französischer Verwaltung begonnen und danach unter deutscher Verwaltung fertiggestellt, repräsentiert also jenen für Lothringen so typischen Misch-Stil, der dem Preußen Döblin anfangs ziemlich suspekt war. So schimpft er bereits am 31. Januar 1915 in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden über das hier ansässige „sonderbare Mischmasch von Volk“, wundert sich, „wie viele französische Namen, Vornamen“ es hier noch gebe und begrüßt, dass auf polizeilichen Druck nun „energisch auf Schildern verdeutscht“ werde.

Die graue „Place de la gare“ geht in die begrünte „Place du Général Sibille“ über, auch dies ein Ort der Stilmischung. Neben einem pompösen Gerichtsgebäude aus deutscher Zeit (1910) stehen zwei französische Denkmäler. Das eine erinnert an die Toten beider Weltkriege, das andere an die 1942-45 zwangsweise in die Wehrmacht eingezogenen Elsässer und Lothringer. Das französische Gedicht „Nous avions 18 ans ou un peu plus“ (Wir waren 18 Jahre alt oder etwas älter) des elsässischen Veteranen André Bechtel (gest. 2007) ziert die Gedenktafel.

An diesem Platz, der die Irrwege der Geschichte besonders anschaulich repräsentiert, lag Döblins erste Unterkunft: das Hôtel Royal. Es handelt sich dabei um einen stattlichen Bau aus dem Jahr 1910, errichtet im protzigen wilhelminischen Stil (Ecke Place du Général Sibille / Rue des Vosges). Heute hat hier das Finanzamt seinen Sitz, doch der frühere Name des Hotels ist am Giebel noch zu erkennen. Unmittelbar nach seiner Ankunft schrieb Döblin hier einen Brief an Walden (03.01.1915), in dem er sich bitter über das „lothringische Nest“ beklagte, in dem er gestrandet sei. Die Stadt erschien ihm winzig, die Menschen zu bäuerisch, zu katholisch und insgesamt „grausig“ provinziell.

Die Altstadt, deren Bewohner Döblin in so unangenehmer Erinnerung behielt, beginnt hinter dem Hotel. Ihre Lebensader ist eine lange Straße, die zunächst „Rue des Généraux Cremer“, dann „Rue St-Nicolas“ und am Ende „Rue de France“ heißt. In bunter Mischung wechseln altlothringische, deutsche und französische Häuserfronten einander ab. Den Mittelpunkt markiert die barocke Pfarrkirche Saint-Nicolas (1768). 1933 wurden hier erstmals Lieder aus der Sammlung Verklingende Weisen des lothringischen Pfarrers und Volkskundlers Louis Pinck (1873-1940; s. Zetting) vorgetragen.

Place Goethe

Am Ende des Straßenzugs erinnert die „place Goethe“ an die Durchreise des Straßburger Jura-Studenten Johann Wolfgang Goethe (1749-1832; s. Postroff) im Jahr 1771. Sarreguemines war eine Station auf seiner Cavalierstour, die ihn und seinen elsässischen Studienfreund, den späteren Arzt Friedrich Leopold Weyland (1750-85), durch das Elsass, Lothringen, das Saarland und die Pfalz führte. In seiner Autobiographie Dichtung und Wahrheit hat er diese später „Goethe-Ritt“ genannte Reise detailliert beschrieben. Unter anderem sammelte er bei dieser Gelegenheit regionale Volkslieder, die er seinem Freund und Mentor Johann Gottfried Herder (1744-1803), der sich damals ebenfalls in Straßburg aufhielt, für zur Verfügung stellen wollte.

Doch zurück zu Döblin: Des beengten Hotellebens überdrüssig, bezog dieser am 26. Januar 1915 als Untermieter der Familie Roether eine Drei-Zimmer-Wohnung in der Marktstraße 7 (Rue de la Paix, Ecke: Rue de Verdun). Leider wurde das Haus nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. In dieser „verflucht stillosen“ Wohnung (an Walden vom 23.03.1915) schrieb Döblin das expressionistische „Schauermärchen“ Das Gespenst vom Ritthof, das im Oktober 1915 in Waldens Zeitschrift Der Sturm erschien. Er erzählt darin die tragisch endende Geschichte einer „Amour fou“, in die auch Autobiographisches eingeflossen sein mag: 1915 soll Döblin eine Liaison mit einer Arzt-Kollegin gehabt haben.

Spätestens am 23. März 1915 war diese wohl vorbei. An diesem Tag nämlich zogen in Döblins Wohnung seine Frau Erna (geb. Reiss), ihr zweieinhalb Jahre alter, gemeinsamer Sohn Peter und dessen eben zur Welt gekommener Bruder Wolfgang ein. Wohl oder übel fügte sich Döblin in seine alte und neue Rolle als Familienvater, was ihm nicht leicht fiel. Doch auch Erna war nicht zu beneiden: Außer um die beiden Kinder hatte sie sich um die Texte ihres Mannes zu kümmern. Kaum angekommen, schrieb sie dessen umfangreichen Roman Die Dampfturbine (1918) ins Reine. Von Dankbarkeit bemerkt man in Döblins Schriften freilich nichts, stattdessen fällt seine wachsende Gereiztheit wegen der „zwei kleinen ewig schreienden Kinder“ auf.

Am 17. Juni 1915 zog die Familie erneut um: aus der engen Altstadt hinüber auf die andere Seite der Saar, in die wilhelminische Neustadt (Quartier de la Blies). Hier bezog die Familie eine Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss der Neunkircher Straße 19 (Rue du Maréchal Foch). Doch trotz der komfortableren Wohnsituation und einem deutlich kürzeren Weg zur Arbeit blieb Döblin unzufrieden und schimpfte über die ihm immer noch zu enge „Puppenstube“.

Mit den Ohren die Schlachten mitgekämpft

Die Gründe hierfür liegen freilich tiefer. Je länger der Krieg dauerte, desto unerträglicher erschien er ihm. Am 20. November 1915 etwa schrieb er an Walden, die ewigen Schlachten wüchsen ihm „zum Halse heraus“. Am 12. Januar 1917 nannte er den Krieg „schlimm, schrecklich, entsetzlich“, und am 3. Juni 1917 fügte er hinzu: „ich spucke auf ein Kohlenbergwerk, wenn man es mit 100.000 Leichen und ebenso vielen andern Werten zu bezahlen hat“.

Doch Döblin beließ es nicht bei dieser Ablehnung, er wollte das Wesen des Krieges verstehen. So nutzte er seine dienstfreien Stunden zu historischen Studien, die später auch in seine literarischen Arbeiten einflossen. Aus der Straßburger Universitäts- und Landesbibliothek (BNU: Bibliothèque Nationale et Universitaire) ließ er sich Bücher über die Kreuzzüge, den 30jährigen Krieg (1618-48), den deutsch-dänischen (1866) und den deutsch-französischen Krieg (1870) schicken.

Palais de Justice

Als im März 1916 in nur 110 Kilometer Entfernung die Schlacht vor Verdun entbrannte, rückte auch der Erste Weltkrieg wieder näher in sein Bewusstsein. Am 29. März 1916 schrieb er an Walden, er habe „mit den Ohren […] die Schlachten um Verdun hier mitgekämpft“, denn die Kanonade habe Tag und Nacht die Scheiben erzittern lassen, und „ein ewiges Dröhnen, Pullern und Pauken“ sei zu hören gewesen. Vor allem aber hört er die schrecklichen Berichte der Soldaten, die vor Douaumont gekämpft hatten und nun hier in Ruhestellung lagen. Er hört Geschichten von „kaum ausdenkbaren Strapazen“, der ständigen Nässe, dem tagelangen Hungern und Dürsten, da beim Vorrücken die Küchen nicht nachkämen.

Trotzdem blieb Döblin weiter literarisch produktiv. 1916 erschien sein Buch Die drei Sprünge des Wang-lun, gleich danach begann er mit den Arbeiten am Wallenstein. Es ist die Geschichte eines „Warlords“ aus dem 30jährigen Krieg, der Döblin an den Ersten Weltkrieg erinnerte. Bei jedem Luftangriff habe er das Manuskript in den Luftschutzkeller mitgenommen, erzählte er später. 1918 begleitete es ihn zurück nach Berlin und wurde zwei Jahre später veröffentlicht. Aufgrund der Fülle an eingearbeiteten historischen Dokumenten und der Vielfalt unterschiedlicher Perspektiven gilt es als bedeutendes Frühwerk.

In einer Rede zum zehnten Todestag Döblins (1967) stellte Günter Grass (1927-2015), der in Döblin seinen literarischen Lehrmeister sah, den Roman in den Mittelpunkt seiner Hommage: Wie schon der Ulenspiegel sei auch der Wallenstein kein historischer Roman, sondern ein Zeitroman, in dem Döblin Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg verarbeite. Zugleich handele es sich um eine kritische Auseinandersetzung mit der Hegelschen Geschichtsphilosophie. Dessen Konzept eines dem Fortschritt dienenden „Weltgeistes“ werde freilich „zu Scherben geworfen“, Geschichte erschiene nur noch als „absurder Prozess“.

1917 verschlimmerte sich die Lage weiter. Viele von Döblins Kollegen aus dem Lazarett waren bereits tot oder verwundet. Dass Döblin nicht selbst an die Front geschickt wurde, verdankte er nur einer chronischen „Magenaffektion“. Doch auch in Saargemünd war der Krieg allgegenwärtig. Die Stadt litt unter fast täglichen Fliegerangriffen, das Leben spielte sich zunehmend im Keller ab. So kam es, dass am 20. Mai 1917, während eines Fliegerangriffs, im Keller von Döblins Wohnhaus sein dritter Sohn Klaus zur Welt kam (ab 1936 nannte er sich Claude). Döblin selbst war dabei nicht anwesend. Zu Jahresbeginn war er an Typhus erkrankt und verbrachte gerade einen Genesungsurlaub in einem Heidelberger Offizierslazarett (dem 1919 abgebrannten Hotel Bellevue).

Kurz nach seiner Rückkehr kam es im Juni 1917 zu einem folgenschweren Streit zwischen Döblin und einem Vorgesetzten, dem königlich-bayerischen Oberstabsarzt Dr. Friedrich Ott. Schauplatz war Döblins Dienststelle, das Lazarett der bayerischen Infanteriekaserne. Heute ist darin eine Schule untergebracht, das „Collège Fulrad“ (benannt nach einem Domherren Karls des Großen). Man erreicht diesen Ort, indem man der „Rue du Maréchal Foch“ ein Stück stadtauswärts folgt und dann links in die „Rue Joffre“ einbiegt, die in die „Rue Fulrad“ übergeht.

Noch im gleichen Jahr 1917 begann Döblin mit der Niederschrift seiner Erzählung Das verwerfliche Schwein, mit der er seine Saargemünder Erlebnisse und die Umstände seines Abschieds verarbeitete. Er schildert darin, wie der in einem lothringischen Bezirkskrankenhaus tätige Mediziner Hubert Feuchtedengel von seinem Assistenzart Werner Strick auf eigenen Wunsch zu Tode gefoltert wird. Am Ende wird der Mörder vom Teufel erdrosselt und geistert nun mit dem ebenfalls „untoten“ Feuchtedengel als langsam verwesender Zombi durch die Gassen der Kleinstadt.

Die Wirklichkeit war weniger dramatisch. Döblin wurde im August 1917 ins elsässische Haguenau versetzt. Dort ließ er sich mit seiner Familie in der heutigen „Rue de la Redoute“ Nr. 30 nieder, während er in den Spitälern von Bischwiller (dt. Bischweiler) und Marienthal arbeitete. Ende 1918 erlebte er dort den deutschen Zusammenbruch und die November-Revolution. Im ersten Band seiner Roman-Tetralogie Bürger und Soldaten berichtet er ausführlich davon. Nach dem Waffenstillstand musste Döblin ebenso wie Flake Elsass-Lothringen verlassen, das nun wieder zu Frankreich gehörte. Doch wirklicher Friede lag noch in weiter Ferne.

S‘ Lothringer Herz leyt bi de Kohle

1935 kam in Sarreguemines Lucien Schmidthaeussler als Franzose zur Welt. Während des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung erklärte man ihm in der Grundschule, er sei ein Deutscher, nach dem Krieg lernte er im französischen Collège, er sei Franzose. Als Erwachsener entschied er sich dafür, in erster Linie Lothringer zu sein. Seine Heimat besingt er, der bis zu seiner Pensionierung als Sonderpädagoge tätig war, in zahlreichen Gedichten, die er in seiner Muttersprache verfasst, dem Lothringer Platt: ZITAT

1959 besuchte der Schriftsteller Wolfgang Koeppen (1906-96) die Stadt. Mit seiner „Trilogie des Scheiterns“ (1951-54), in der er restaurative Tendenzen der Adenauer-Ära bloßlegte, hatte er in den fünfziger Jahren literarisch Aufsehen erregt. Ab 1955 unternahm er Reisen nach Spanien, Italien, England, Polen, die Niederlande, die Sowjetunion, die USA und schließlich nach Frankreich. Die Reise-Essays, die dabei entstanden, betrachtete er als wichtigen Teil seines Œuvres.

Bei seinem Aufenthalt in Sarreguemines fiel ihm der Kontrast zwischen der „lieblichen und parkähnlichen“ Landschaft über der Erde und dem schnellen Rhythmus der Arbeit in den Stollen darunter auf. Freilich zeugen davon nur der „Rauch der Hütten“ und unabsehbar lange Transportseilbahnen, an denen „schwarze Kübel voll Kohle und Erz […] lautlos durch den Himmel“ gleiten. Die Stadt selbst mit ihren „leeren, krummen Straßen“ erschien ihm dagegen wie ausgestorben, seine Bewohner unsichtbar oder „schattengleich“. Kein Ort des Lebens also, sondern eher ein Vorgeschmack auf das Totenreich!

In jüngster Zeit hat sich Sarreguemines erneut gewandelt. Die Smart-Werke im benachbarten Hambach bescherten der Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Gleichzeitig öffnete sie sich dem Tourismus und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Heute gibt es in Sarreguemines mehrere zweisprachige Schulen, eine Außenstelle der Universität Metz, die binationale Studiengänge anbietet, sowie eine Volkshochschule, die mit ihrer Saarbrücker Partnerorganisation gemeinsame Veranstaltungen organisiert. Und schließlich bietet ein jährliches „Festival du Platt“ Dialekt-Künstlern und Dichtern der Region ein viel beachtetes Forum.