Oskar Barth

Portrait sepia

Foto: WolkeScript

geb. 3. Nov. 1910 in Weiler (heute Merzig), gest. 29. Juni 2012 in Beckingen

„Oskar Barth, 1910 in einem idyllischen Tal im deutsch­luxemburgischen Grenzgebiet als Sohn eines Bergmannes geboren, war nach seinem Abitur arbeitslos, Arbeiter, Angestellter und Beamter. Über ein Abendstudium stieg er zum Ingenieur auf und trat in den Dienst einer renommierten südwestdeutschen Buntmetallgießerei. Der Romanschriftsteller ist kompromißlos und aggressiv, wenn er Lobby, Mandatsträger und Funktionäre in eigenem Wohlstandsdenken und in Kumpanei mit Kräften der Zerstörung unserer Lebensform und der Bedrohung der Freiheit sieht.“ Dies ist eine Selbstauskunft von Barth als Epilog zu seinem ersten Roman „Das Geheimnis vom Virgental“, der 1979 im eigenen Verlag erschien.

Im Saarland kaum bekannt

Mit dem Eintritt ins Rentenalter widmete er sich ab Mitte der 70-er Jahre intensiver seinen literarischen Ambitionen. Unter dem Pseudonym Till Barbe veröffentlichte er, ebenfalls 1979, die „Komödie der Illusionen und Kontraste“. Mit dieser gesellschaftskritischen Satire wollte er Zugang zur Hochkultur der Schwabinger Szene finden, was allerdings misslang. Mit dem Stück ist er bei Claus Peymann abgeblitzt, es ist nie zur Aufführung gekommen.

Sein „Wetterleuchten“ hingegen wurde als Gemeinschaftsproduktion des Theaters Rosenheim und des Volkstheaters Kufstein am 9. Mai 1986 im Rahmen der Internationalen Theatertage von Rosenheim uraufgeführt. Es handelt sich um die Bühnenfassung des Romans „Die Abenteuer des Försters vom Geigelstein“ (1982).

Barth hat zwei weitere Unterhaltungsromane geschrieben, die ebenfalls im eigenen Verlag erschienen sind. Seine Sujets suchte er wie beim Erstling nicht in der saarländischen Heimat, sondern im Gebirge, das für ihn eine wichtige Blickachse war. Die Szenerie sind die Chiemgauer Alpen, die er oft besuchte, und das Österreich der Nachkriegsjahre. Einen eindeutigen Bezug zu seiner Heimat hat allerdings das politische Supplement zum Roman „Der blaue Schwan“. Unter dem Titel „Heimsuchung durch Cattenom“ schildert Barth in drastischen Worten, welche zerstörerische Gewalt von der französischen Atomanlage ausgehen kann – keine neun Kilometer vor der saarländischen Grenze.

Die Romanmanuskripte dürften im Wesentlichen schon in den 50-er und 60-er Jahren entstanden sein, darauf deuten Stil und Pathos hin. Barth hat zudem Gedichte, Erzählungen und Volksstücke veröffentlicht. In der saarländischen Literaturszene ist er aber kaum bekannt.

Bekenntnis zur Unterhaltungsliteratur

Die Erzählung „Der fröhliche Clown“ enthält sein Plädoyer für die erzählende Unterhaltungsliteratur: „Es fehlt in Deutschland zwischen hoher Dichtung und seichtem Flachsinn an einer menschenverbindenden literarischen Mitte, die auch mit Traurigem zu fesseln vermag.“ Barth war sich bewusst, dass seine Romane keine Hochliteratur sind. Er hat sie trotzdem mit einer gehobenen Stilistik versehen und bewusst durchgestaltet. Er hält sich auf Distanz zur Trivialliteratur, indem er den Schematismus meidet. Vielmehr erzeugt er Spannung durch komplexe Handlungsstränge und vermittelt moralische Botschaften, zum Beispiel zum Umgang der Gesellschaft mit unehelichen Kindern. Hier gibt es einen autobiografischen Bezug.

Im Katalog der saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek sind zwei Dutzend Titel verzeichnet, die Oskar Barth geschrieben oder herausgegeben hat. Die Auflagenhöhe ist jeweils unbekannt. Ungeklärt ist bis dato auch die Rezeptionsgeschichte seiner Texte. Eine systematische Werbung gab es nicht. Die Buchhandlung Regler in Merzig dürfte für den Vertrieb der Bücher eine Hauptrolle gespielt haben.

Den größten Teil seines Lebens verbrachte Barth in Beckingen-Haustadt, wo er ein großes Grundstück am Waldrand gekauft hatte. Sein Haus am Wendelstein „war ein beliebter Treffpunkt junger Leute, es gab legendäre Partys, auch der spätere Bundesminister Altmaier war unter den Gästen“, erinnert sich eine Bekannte.

In der Heimatgemeinde Haustadt galt Barth als „der Vornehme“. Die Distanz entstand einerseits dadurch, dass er Hochdeutsch redete. Andererseits hatte er als Geschiedener mit zweiter Ehe in der katholisch geprägten Gemeinde keinen leichten Stand: „Er hatte ein außerordentliches Allgemeinwissen. Er war oft besser als heute Google und Wikipedia. Auch zu der Zeit, als er schon sein Augenlicht verloren hatte, beginnend Ende der 80-er Jahre“. Auskunft eines Familienmitglieds.

Bei fortschreitender Erblindung mussten Hörbücher oder Vorträge auf Kassetten die gedruckten Informationsquellen ersetzen. Tochter Elisabeth las ihm von Bayern aus Hölderlins komplettes „Hyperion“ am Telefon vor. Auch Tucholsky und vor allem Goethe beschäftigten ihn intensiv.

1994 gab Oskar Barth eine biographische Dokumentation zu seinem Sohn Achim Barth heraus; der Journalist, zuletzt Feuilleton-Chef des „Münchner Merkur“, war 1989 bei einem Autounfall gestorben.
Wolfgang Kerkhoff

Wolfgang Kerkhoff hat auf seinem Blog menschenwelt.info einen ausführlichen Beitrag über Oskar Barth veröffentlicht.