Mark Heydrich

geb. 26. Jan. 1977 in Zweibrücken

Foto: Relindis Kniefeld

Mark Heydrich kommt aus der Poetry-Slam-Szene, löst sich in seiner Prosa aber zunehmend von deren Stilelementen.

Ungewöhnlich für einen Schriftsteller: Heydrich hat zunächst ein Handwerk erlernt (Maler und Lackierer). Danach Freie Kunst/Mixed Media an der Saarbrücker Hochschule der Bildenden Künste studiert. Seitdem tritt er vor allem als Schriftsteller hervor. In Sachen Poetry Slam ist er eine regionale (und vielleicht mehr als eine regionale) Größe. Nach einer Angabe von 2013 hat er seit 1998 „hunderte von Lesungen und Poetry Slams im gesamten deutschsprachigen Raum absolviert“. Von 2011 bis 2013 betreibt er zusammen mit Francis Kirps die Saarbrücker Lesebühne „Dichterdschungel“. Er lebt in Saarbrücken. 2007 erhält er das Förderstipendium der Stadt für Literatur; bei der Preisverleihung bezeichnet ein Jury-Mitglied ihn als „Hans Sachs von Saarbrücken“, weil er ihn als Poetry-Slammer in der Tradition des Dichterwettstreits à la Meistersänger sieht.

Mark Heydrichs erstes Buch erscheint 2007 in der „Topicana“-Reihe, die das Saarländische Künstlerhaus in Kooperation mit dem Schriftstellerverband herausgibt : „Der Körper im Gebirge“. Der Band mit Prosa der Jahre 2003 bis 2007 enthält elf Texte. Meist geht es um Mann-Frau Beziehungen. Immer wird in der Ich-Form erzählt, gelegentlich ist dieses Ich ein Mädchen oder eine Frau. Der Mann ist dabei der Begehrende, die Frau schwer erreichbar. Es wird kein weiter erzählerischer Bogen gespannt, sondern in der Regel eine einzelne Situation detailliert ausgemalt, die auch im Surrealen münden kann. Ein Großteil der Texte besteht aus Dialogen, die sehr authentisch klingen. Bier und Zigaretten sind stets dabei. Der Stil ist lakonisch und ironisch, zumindest hart am Rand der Ironie. Der knappe, pointierte Stil verrät die Herkunft des Autors vom mündlichen Vortrag beim Poetry Slam: „Sie war ein schönes, schlankes Tier, ein Reh. Ich hatte mal eins angefahren.“ Vielleicht ist die Lakonie aber auch dem Vorbild bestimmter amerikanischer Erzähler geschuldet; darauf deutet ein Text in seinem zweiten Buch hin. Dort porträtiert er Chris Schrauff als den für die Topicana-Reihe verantwortlichen Lektor, der gegen „Geschwätz“ in der Literatur wettert und für Carver und Hemingway schwärmt.

In Heydrichs zweitem Buch bleibt es beim Ich-Erzählen, bei den Spannungen in der Beziehung von Mann und Frau, mit dem werbenden Mann und der launischen Frau; immer noch wird viel geraucht, und der Mann guckt gern in fremde Dekolletés. Aber die Paare sind jetzt älter, sind schon länger zusammen, sie haben oder sie kriegen gerade Kinder, trinken statt Bier jetzt manchmal auch Wein. „Ich kam mir alt vor“, heißt es einmal. Der Hauptunterschied zu den Texten im ersten Buch aber ist: Der Autor vertraut jetzt mehr dem Erzählen, er braucht keine Pointen; es sind meist nur angerissene Situationen ohne Lösung des skizzierten Konflikts, und auch wenn man weiß, es wird nichts passieren, schafft Heydrich es, die Spannung hochzuhalten. Manchmal ist die Erzählstruktur jetzt etwas komplizierter, es gibt statt einem zwei Erzählstränge. Gelegentlich greift lässt Mark Heydrich geographisch weiter aus oder lässt spektakuläreres Personal auftreten, eine Pornodarstellerin oder einen Pferdekiller. (RP)