Johannes Wurtz

geb. 16. Juli 1908 in Waldneudorf in der Batschka, gest. 1991 in Frankenholz

Johannes Wurtz war Bewahrer und Botschafter donauschwäbischer Traditionen, aber auch seiner neuen Heimat in der saarpfälzischen Grenzregion

Zum Zeitpunkt der Geburt von Johannes Wurtz gehörte sein Geburtsort Waldneudorf noch zu k.u.k. Österreich-Ungarn, hieß Tiszakálmánfalva und bestand erst seit einem knappen Vierteljahrhundert. Die Neugründung hatte den Zweck, das ungarische Element in dem weitgehend serbisch geprägten Gebiet zu stärken. Da sich jedoch zu wenige Madjaren niederlassen wollten, wurden auch deutsche Neusiedler zugelassen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gehörte das Dorf zum „Ersten“ Jugoslawien und bekam den Namen Budisava.

Johannes Wurtz arbeitete nach dem Abitur als Dolmetscher und Verlagsbuchhändler u. a. in Belgrad. Im Zweiten Weltkrieg war er als Zugführer einer Propagandakompanie und Berichterstatter im Einsatz auch in Afrika und an der „Ostfront“, wobei er beispielsweise über blutrünstige Kesselschlachten im eisigen Winter schrieb. Nach Kriegsgefangenschaft kehrte er zu seiner bäuerlichen Familie, die 1944 aus Donauschwaben geflohen war, zurück. Diese hielt sich nunmehr in Oberfranken auf. In Bayreuth und Hof an der Saale begann Wurtz mit seiner publizistischen Tätigkeit, vor allem als Theater- und Musikkritiker. Zudem arbeitete er als Hilfsdramaturg. 1954 ließ er sich in Mannheim nieder, wo er Verlagslektor und Zeitungsredakteur war.

Sein schriftstellerisches wie publizistisches Engagement behielt er in Frankenholz bei, wo eine der seinerzeit üblichen „Siedlungen“ für Donaudeutsche entstand und in der er einen weiteren Wohnsitz unterhielt. Der Höcherberg wurde ihm letztlich zur „zweiten Heimat“, wie er in einem Interview mit dem Saarländischen Rundfunk im August 1980 betonte. „ …warum ich über Bexbach schreiben wollte? Bexbach ist doch meine Heimatstadt geworden! […] Vielleicht ist auch mein Roman ,Die Ludwigsbahn’, wenn man so will, eine schüchterne Liebeserklärung eines Siebzigjährigen an seinen wahrscheinlich letzten Zufluchtsort und seine Menschen. Vielleicht auch an die Landschaft. Denn so schön hatte ich mir den Pfälzer Wald und das Land an der Saar mit seinen Fördertürmen, Teichen und Flussschleifen nicht vorgestellt“.

Der Roman „Die Ludwigsbahn“ (1978) war eine seiner wenigen Veröffentlichungen, welche den saarpfälzischen Raum zur Kulisse haben. Wie bei ihm üblich, versucht Wurtz der Handlung einen akkurat authentischen historischen Hintergrund zu geben. Dazu führte er zuvor intensive Recherchen durch. Fiktive Biographien und diverse Abenteuer, auch erotische, spielen sich auf der Bühne der realen Vergangenheit ab. In dem Roman zeichnet er den Lebensweg des jungen Bexbachers Franz Josef Hoppstädter nach, der von zuhause ausreißt und in München zum Vertrauten des bayerischen Königs Ludwig I. aufsteigt. In dessen Auftrag begibt er sich nach Syrmien (Peterwardein) und in die Batschka (Apatin), ehe er schließlich in der Schlacht von Solferino umkommt. Neben „erfundenen“ Charakteren haben in dem Roman realhistorische Persönlichkeiten wie Marx und Engels, Anton Bruckner, Metternich, der Eisenbahnpionier Paul Camille Denis oder der Frankenholzer Grubengründer August Culmann ihre Auftritte. Den zeitlichen Rahmen der Handlung bildet die industrielle Revolution am Höcherberg: die Kohlengrube „Max Josef“, geplante Schmelzöfen und die titelgebende „Ludwigsbahn“, die 1849 insbesondere zum Kohletransport von der pfalz-bayerischen Westgrenze zur „Rheinschanze“ (heute Ludwigshafen) angelegt wurde. ZITAT

Größter literarischer Erfolg von Johannes Wurtz war gleich sein Debütroman „Die Dingelstocks“. Der Gattung „historischer Generationenroman“ zuzuordnen, hatte das 1943 erstmals erschienene Buch den donauschwäbischen Siedlungsraum zur Grundlage. Auf diesem Fundament basieren die meisten seiner zahlreichen Arbeiten, die als Gedichte, Novellen, Erzählungen, Schauspiele, Reportagen und vieles mehr ein äußerst breites literarisches Spektrum abdecken. Dabei entwickelte er sich vom zunächst romantisch-impressionistischen Autor, womöglich durch die Kriegsschicksale bedingt, zunehmend hin zum sachlichen Prosaautor.

Das Grab von Johannes Wurtz befindet sich auf dem neuen Friedhof von Frankenholz. (MB)