Victor Hugo

geb. 26. Febr. 1802 in Besançon, gest. 22. Mai 1885 in Paris; Ehrengrab in der Krypta des Panthéon

Der französische Schriftsteller Victor-Marie Hugo ist einer der Großen der Weltliteratur. Sein Ruf als d e r Dichter der Franzosen schlechthin ist umstritten. Doch André Gide fasste seine Bedeutung treffend zusammen: „Die französische Literatur besitzt keinen zweiten, der mit gleicher Gewalt eine solche Fülle von Bildern zusammengezwungen, so mächtige Symbole heraufbeschworen, Klänge und Rhythmen so sicher gehandhabt, der unsere Syntax und unsere Sprachformen mit solcher Meisterschaft behandelt hätte wie er.“

Victor Hugo schrieb Gedichte, Schauspiele und Romane, griff aber als Abgeordneter und Publizist auch aktiv in die Politik ein, wobei er des Öfteren seine Richtung änderte, um am Ende aber bei liberalen und demokratisch-republikanischen Positionen zu bleiben. Literarisch gilt Victor Hugo als Begründer der Romantik in Frankreich. Das Vorwort zu seinem Versdrama „Cromwell“ (1827) verkündete sein eigenes literarisches Credo: Die Natur sei Kunst, die Literatur müsse sich der Wahrhaftigkeit verpflichten und, im Gegensatz zur hehren Klassik, auch die Armut, den Schmutz, die Hässlichkeit und die grotesken Seiten des Lebens zu ihrem Thema machen.

Victor Hugo beschäftigte sich intensiv mit Geschichte, was sich vor allem in seinen neun Dramen und acht Romanen niederschlug. Dabei galt sein Interesse dem Missbrauch der Macht und dem menschlichen Aufbegehren gegen Unterdrückung. Zu seinen berühmtesten Werken gehören die Dramen „Hernani und „Ruy Blas“ und die Romane „Notre Dame de Paris“, „Les Misérables“ , „Les Travailleurs de la Mer“ (geschrieben im Exil auf der Kanalinsel Guernsey) und „Quatre-Vingt-Treize“. Der weltweite Erfolg vor allem von „Notre Dame de Paris“ und „Les Misérables“ zeigte sich auch darin, dass beide lange nach Hugos Tod mehrfach verfilmt wurden: „Notre Dame“ von 1923 bis 1997 fünf Mal und „Les Misérables“, die auch als Musical adaptiert wurden, von 1934 bis 2012 immerhin dreizehn Mal.

Von König Louis-Philippe war Victor Hugo noch zum Vicomte mit lebenslangem Sitz im Oberhaus geadelt worden. Als aber sein Nachfolger Louis Napoléon Bonaparte 1851 mit einem Staatsstreich nach der Macht auf Lebenszeit griff, wandte sich Hugo gegen ihn. Er wurde aus Frankreich verbannt und ging auf die Kanalinsel Guernsey, die britisch war, aber französisch sprach, ins Exil. In der Hauptstadt Saint Peter Port nahm er seinen Wohnsitz.

Von Guernsey aus unternahm er mit seiner Lebensgefährtin Juliette Drouet, mit der er seit 1833 zusammen war, und mit seinen Söhnen aus der Ehe mit Adèle Foucher, Charles (geb. 1826) und Francois-Victor (geb. 1828) jährliche Reisen auf das europäische Festland. Im September 1863 und September 1865 führten zwei dieser Exkursionen per Pferdekutsche die Reisegesellschaft auch an die Mosel, die Saar und nach Trier. Seine Eindrücke notierte Hugo in Reisetagebüchern (Carnets de voyage), die er mit eigenen Zeichnungen anreicherte. Victor Hugo und seine Mitreisenden stiegen im Hotel Guépratte am heutigen St. Johanner Markt in Saarbrücken ab und im Trierischen Hof in Merzig, auf der zweiten Reise in die Region auch im Hotel du Rhin in Saarlouis. Victor Hugo fand Gefallen am St. Johanner Marktbrunnen, meinte aber, dass die vier oder fünf barocken Zwiebeltürme der Stadt fast alle gleich aussähen. Beeindrucken ließ er sich von den Fürstengräbern derer von Nassau-Saarbrücken in der Schlosskirche und durch die Information, dass das Saarbrücker Schloss 1793 von französischen Revolutionstruppen – er nannte es „in den Kriegen Frankreichs gegen Europa“ – zerstört worden war. Seinen großen Roman über das Schreckensjahr 1793 schrieb er vierzehn Jahre später.

In Merzig fand der Dichter das zum Rathaus umfunktionierte Jagdschloss „ziemlich imposant“. Dem bedeutendsten Kirchenbau der Stadt, der Peterskirche, prophezeite er, dass sie die nächsten zwei Jahre nicht überstehen werde.

Am 22. September 1863 schaute er auf die Saarschleife und notierte in sein Tagebuch: „Um halb sechs auf der Cloef. Bewundernswerte Aussicht. Die Saar kommt und geht in einem großartigen Einschnitt in baumbestandene Hügel und macht eine gigantische 8 in den Berg. Im Wald auf dem Gebirgskamm in der Mitte erhebt sich die Ruine der Burg Montclair, die 1350 durch Erzbischof Balduin von Trier zerstört wurde. Auf dem Grunde der Schlucht kriechen die Schiffe über die Serpentine der Saar.“ – Übrigens sah der Dichter die Saar mehr als hundert Jahre bevor sie zur Großwasserstraße ausgebaut wurde; anno 1863 waren die Ufer des vielbewunderten Mäanders noch nicht geglättet und gestutzt. Nach dem Sturz Kaiser Napoleons III. kehrte Victor Hugo 1871 aus dem Exil nach Frankreich zurück. 1876 wurde er als Abgeordneter in den Senat gewählt. Schon 1832 bis 1842 waren in Frankfurt am Main Victor Hugos bis dahin erschienene Sämtliche Werke in 19 Bänden erstmals in deutscher Sprache herausgebracht worden. Die Übersetzungen besorgten u.a. Georg Büchner und Ferdinand Freiligrath. (IP)